JAXenter: Viele Unternehmen führen derzeit APIs ein, die ältere technische Lösungen wie SOAs, ESBs und/oder monolithische Systeme ersetzen. Weshalb eigentlich? Warum hat die sogenannte API Economy momentan Konjunktur?
Michael Hofmann: Die Hoffnung dieser Firmen liegt darin, mit den öffentlichen APIs weiteres Geschäft zu erzielen, indem Partner dann in Zusammenarbeit diese APIs nutzen und weiteren Umsatz generieren. Ein weiterer Beweggrund ist die Möglichkeit, mit externen Arbeitskräften neue Projekte anzugehen, in der Hoffnung, dass diese Partner noch Ressourcen verfügbar haben. Nur, wenn alle so agieren, dann löst dies das Ressourcen-Problem auch nicht…
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JAXenter: Dein Talk auf der APIcon heißt ja „API-Economy bei Financial Services – Kein Stein bleibt auf dem anderen.“ Kannst du vielleicht einmal an einem Beispiel aufzeigen, welche Veränderungen die API Ecomony bei den Financial Services mit sich bringt?
Michael Hofmann: Die Banken unterliegen einem starken Wandel, der z.B. zu vermehrtem Filial-Sterben führt. Somit ist der Druck zur Digitalisierung und zu APIs sehr hoch.
Auf der anderen Seite sind die Systeme, die bisher für das Kerngeschäft entwickelt wurden, nicht sehr gut für APIs geeignet: Bisherige Nutzer dieser Kernsysteme waren in der Regel Bank-Mitarbeiter, die mit hohem fachlichen Wissen und voller Rechte-Struktur das System bedient haben. Jetzt kommen API-Konsumenten mit möglicherweise weniger Banken-Know-How und begrenzten Rechten als Anwender neu hinzu.
Die Erfahrung zeigt, dass nachträgliche Integration von neuen Rechte-Strukturen in ein über Jahre gewachsenes System sehr aufwändig ist. Außerdem ist es nicht immer ganz so leicht, komplexe Fachlichkeit einfach darzustellen und mit verständlichen APIs zu versehen.
JAXenter: Du schreibst in deinem Abstract zur Session, dass es bei der Einführung von APIs aber nicht bei den technologischen Herausforderungen bleibt. Weshalb hat das auch Konsequenzen auf die gesamte Organisation eines Unternehmens?
Michael Hofmann: In Banken mit ihrer IT hat sich über Jahre hinweg eine Organisationsform entwickelt, die auf den Betrieb von Produkten ausgelegt ist. Diese Strukturen sind auch weiterhin notwendig, um den korrekten Betrieb dieser Systeme zu gewährleisten. Leider sind solche Organisationsstrukturen und deren zugehörige Prozesse in der Regel für dynamische Projekte eher hinderlich.
Um Projekte schnell und effizient voranzutreiben, sind DevOps-Organisationen notwendig. Diese sind aber schwer gegen die gewachsenen Strukturen durchzusetzen. Es macht sich zum Teil eine Skepsis vor Veränderungen bemerkbar, was sicherlich nicht förderlich ist, wenn man neue Organisationsansätze etablieren will.
JAXenter: Wie sollte man ein API-basiertes Projekt deiner Erfahrung nach angehen? Mal abgesehen davon, dass es wie immer auch sehr auf das individuelle Projekt ankommt – vielleicht hast du doch einen Tipp aus der Praxis, was für dich funktioniert hat?
Michael Hofmann: MVPs sind für mich das Mittel der Wahl. Daran kann man sehr schnell erkennen, wo die Probleme liegen. Dabei stellen sich technologische und organisationale Schwächen sehr schnell heraus. So lange das oberste Management dahinter steht, kann man auch einfacher auf Probleme in der Organisation eingehen.
Die technologischen Probleme sind mit den passenden Systemen dabei in der Regel einfacher in den Griff zu bekommen. Erst mit einem erfolgreichen MVP kann man aufzeigen, dass der neue Weg funktionieren kann. Das schafft Vertrauen bei den Mitarbeitern. Ohne dieses Vertrauen wird der Widerstand zu groß und das API-Projekt scheitert.
JAXenter: Was ist die Kernbotschaft eurer Session, die jeder mit nach Hause nehmen sollte?
Michael Hofmann: Ein API-Projekt sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Die Auswirkungen sind weitreichend. Leider belegen einige gescheiterte API-Projekte diese Aussagen schon. Der Kern eines API-Projektes ist im Grunde der Change an sich.
JAXenter: Vielen Dank für dieses Interview!